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Ich weiß nicht mehr weiter in meinem Leben. Können Sie mir helfen?
Was ist wichtig im Leben
Eine australische Krankenschwester, Bronnie Ware, die lange in der Palliativpflege gearbeitet hat, sammelte die Aussagen von Sterbenden und fasste sie in einem Buch zusammen. Dabei geht es darum, was diese Menschen am Ende ihres Lebens bereuen, was sie glauben, dass sie hätten anders oder besser machen können. Fünf Kernthemen konnte die Australierin bei ihren Patienten ausfindig machen.
Die häufigste Reue von Sterbenden betraf das Bedauern, nicht das Leben gelebt zu haben, das sie sich erträumt hatten; dass sie statt eigene Ziele zu verfolgen, zu oft die Erwartungen anderer erfüllten. An zweiter Stelle nannten sie, zu viel gearbeitet zu haben, drittens wünschten sich die Todkranken, sie hätten Gefühle stärker zugelassen und mitgeteilt. Viertens bereuten sie, den Kontakt zu ihren Freunden zu wenig gepflegt zu haben; in ihren letzten Monaten vermissten sie die Freunde sehr. Als letztes und zusammenfassend nannten sie, sie hätten glücklicher sein können, wenn sie den genannten Werten und Beziehungen mehr Beachtung geschenkt hätten.
Bronnie Ware schlägt vor, den Sterbenden mehr zuzuhören, um Wichtigkeiten im eigenen Leben besser und frühzeitiger zu überdenken.
Die hier genannten Punkte der australischen Krankenschwester beschreiben einschlägige Themen, mit denen wir Therapeuten täglich zu tun haben. Viele Klienten spüren besser die Erwartungen, die andere an sie stellen als die eigenen Wünsche. Die Therapie ermöglicht die Kontaktaufnahme mit sich selbst und bietet zudem eine Hilfestellung, ein gutes Gleichgewicht zwischen eigenen Vorstellungen und den Erwartungen des anderen herzustellen.
Gefühle stärker zulassen und mitteilen ist ebenso ein zentrales Thema. Zulassen meint, sich die eigenen Gefühle zunächst selbst eingestehen, sie zu spüren und sie dann eventuell anderen gegenüber zu zeigen und zu äußern.
Gefühle mitteilen erfordert auch, sich dieser Gefühle bewusst zu sein und zu verstehen, was es schwer macht, dem anderen diese mitzuteilen.
Viele Patienten bereuten am Ende ihres Lebens, ihren Partnern zu selten gesagt zu haben, wie gern sie ihn haben. Ebenso wird die Bedeutung der sozialen Kontakte häufig unterschätzt; sie gehen im Berufsleben und Familienalltag schnell unter, da vielen Menschen nicht bewusst ist, wie wichtig gute Freunde als Ressource besonders in schwierigen Zeiten sein können. Therapie kann also leisten, dass Menschen die Wichtigkeiten richtig einzuschätzen, so dass sie noch zu einem guten Zeitpunkt ihres Lebens umgesetzt werden können.
Bronnie Ware (2015). 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen. Goldmann.
Autor/Autorin: CM Fachbriefausgabe 34